Aichwald. Vor etwas mehr als einem Jahr, am 17. März 2019, haben die Aichwalder Andreas Jarolim (CDU) zu ihrem Bürgermeister gewählt. Im Mai wurde er bei einer Sitzung des Gemeinderates vereidigt. Wie hat der 35-Jährige das erste Jahr im Amt empfunden? Die EZ hat nachgefragt.

Wie haben Sie Ihr erstes Jahr im Amt erlebt?

Sehr positiv. Natürlich musste ich mich in die Vielzahl von Themen einarbeiten, die so ein Verwaltungsposten mit sich bringt. Das ist wirklich ein ganz vielfältiges Aufgabengebiet. Insgesamt macht’s sehr viel Spaß. Ich bin inzwischen auch nach Aichwald gezogen. Seit August habe ich mit meiner Partnerin eine Wohnung in Aichschieß. Ich wurde gut aufgenommen von der Bevölkerung, die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Rathaus ist sehr gut und macht Spaß, und auch die Arbeit mit dem Gemeinderat ist wirklich angenehm, weil es immer zielorientiert ist und wir eigentlich immer an einem Strang ziehen. Dass man manchmal unterschiedlicher Meinung ist, ist normal. Aber man versucht dann immer, einen Konsens zu finden und das gelingt sowohl im Rathaus als auch im Gemeinderat sehr gut.

Was war bisher Ihr erfolgreichstes Erlebnis?

Ein wesentliches Thema ist das Neubaugebiet Fuchsbühl, wo es jetzt richtig losgeht. Da ist Anfang des Jahres die Erschließung gestartet. Gerade haben wir einen Investorenwettbewerb für die Mehrfamilienhäuser auf den Weg gebracht und die Vergabe der weiteren Bauplätze. Sechs Grundstücke werden jetzt noch vergeben. Da haben wir die Vergabekriterien festgelegt und da wird’s im April losgehen, dass sich die Menschen auf diese Bauplätze bewerben können. Dann gab es noch einige andere Themen, die wir umgesetzt haben. Gerade die Grundschulsanierung in Schanbach, die jetzt mehr oder weniger abgeschlossen ist. Allerdings musste die Einweihungsfeier im Mai aufgrund der aktuellen Lage abgesagt werden. Da werden wir uns überlegen, wann man die gegebenenfalls nachholt, aber da gibt’s noch keinen Plan. Außerdem haben wir begonnen, die Straßenbeleuchtung auf LED umzurüsten und zwei neue Fahrzeuge für die Feuerwehr angeschafft.

Im Wahlkampf standen Sie für bezahlbares Wohnen und Nahversorgung. Was haben Sie umsetzen können?

Am Thema bezahlbares Wohnen ist man ja gerade mit dem Neubaugebiet Fuchsbühl dran. Die Hälfte der dort entstehenden Wohnungen werden Mietwohnungen. Davon wird die Gemeinde bei mindestens 30 Prozent Belegungsrechte haben. Insgesamt sind es rund 100 Wohnungen, die da entstehen. In 15 Wohnungen können also sozial Schwächere einziehen. So kann man den ein oder anderen vielleicht aus der Anschlussunterkunft unterbringen, oder auch andere sozial Schwache, die aktuell auf Wohnungssuche sind. Der andere Punkt war Einzelhandel oder Nahversorgung. Da habe ich das Gefühl, dass in der Gemeinde die Meinungen sehr unterschiedlich sind. Wir haben ja jetzt einen Edeka Xpress im Ortskern von Schanbach. Dadurch hat es eine deutliche Qualitätsverbesserung bei der Nahversorgung gegeben, die die Bevölkerung auch wahrnimmt. Aber es ist trotzdem so, dass viele Menschen aus Aichwald ihren Haupteinkauf nicht in Aichwald erledigen, sondern ins Remstal, nach Esslingen oder nach Plochingen fahren, weil es da einfach ein besseres Angebot an einem Standort gibt. Und deswegen ist das sicherlich ein Punkt, den ich in naher Zukunft noch mal mit dem Gemeinderat diskutieren werde. Meiner Meinung nach wäre es schon überlegenswert, einen Vollsortimenter nach Aichwald zu holen, wo eine Metzgerei drin ist.

Was sehen Sie in der Zeit seit Amtsantritt als Ihre größte Herausforderung?

Wir haben aktuell ein wichtiges Thema, das wegen der Corona-Problematik leider gerade ein bisschen auf Eis liegt. Das ist das Thema Weiterentwicklung des Kindergartens und der Schule in Aichschieß. Das ist ja eine der Außenstellen von dem Hauptstandort in Schanbach. Da muss auf jeden Fall etwas gemacht werden. Wir sind mitten in einem Bürgerbeteiligungsprozess. Das ist ein emotionales Thema, gerade für die betroffenen Eltern. Und das gut zu machen, das ist schon eine Herausforderung. Man muss alle Leute einbinden, die Kommunikation muss stimmen, jeder muss sich gehört fühlen und alle Meinungen müssen auch ernstgenommen werden. Das ist wirklich wichtig. Und dass man am Ende eine gute Entscheidung für den Standort Aichschieß findet, das war in den letzten Wochen die größte Herausforderung. Jetzt ist es natürlich diese Corona-Problematik, das ist natürlich eine extreme Herausforderung, wo es wirklich die letzten Wochen jeden Tag irgendwelche Änderungen gab. Da versuchen wir, möglichst transparent die Leute zu informieren – übers Internet, übers Amtsblatt, über direkte Ansprache bei den Leuten. Um das möglichst gut umzusetzen. Das ist gerade das akute Thema und deswegen ist das Thema Kindergarten und Schule Aichschieß ein bisschen aufgeschoben worden. Da war eigentlich eine Einwohnerversammlung geplant, die hat man jetzt nach hinten verschoben, bis dieses Corona-Thema dann hoffentlich bald zu Ende geht. Und dann wird das nachgeholt, bevor es eine Entscheidung geben wird, wie es in Aichschieß weitergeht.

Was nehmen Sie sich für nächste Jahr vor?

Für mich persönlich würde ich sagen, dass ich mich im letzten Jahr ganz gut in die vielfältigen Themen eingearbeitet habe, aber es kommen immer wieder neue, bei denen ich mich auch persönlich weiterentwickeln möchte. Aber inhaltlich gibt’s natürlich unzählige Themen. Neben Aichschieß gibt es noch ein anderes Sanierungsprojekt, die alte Sporthalle in Schanbach, die man jetzt vorantreiben muss. Dann das Stichwort Fuchsbühl, dass da ab nächstem Jahr mit dem Wohnbau begonnen werden kann. Bei den Kindergarten- und Kinderkrippengruppen wird sicherlich noch ein Ausbau notwendig sein, damit der Bedarf der Eltern gedeckt werden kann. Da sind wir sehr gut in Aichwald aufgestellt, aber das soll auch so bleiben. Ein Thema, das uns gerade im Hinblick auf Corona stärker beschäftigt, ist die Digitalisierung. Da wollen wir den papierlosen Gemeinderat vorantreiben. In den nächsten zwei, drei Monaten wird das umgesetzt. Auch im Rathaus sollen gerade die Homeoffice-Möglichkeiten noch besser ausgebaut werden. Man merkt gerade in Zeiten von Corona, dass man bei dem einen oder anderen Punkt Nachholbedarf hat. Das betrifft auch das Thema Breitbandausbau. Hier sind wir in enger Abstimmung mit dem Zweckverband Breitbandversorgung im Landkreis Esslingen und der Gigabit Region Stuttgart, um gemeinsam mit der Telekom den Breitbandausbau hoffentlich schnell voranzutreiben. Aber auch das Mobilfunknetz ist ein Thema, wo wir uns noch verbessern können und wo es in Aichwald noch ein paar weiße Flecken gibt, die man angehen muss. Ein Thema, das wir mittelfristig angehen müssen, ist das Thema Pflegeplätze. Da sollten wir auch noch eine Verbesserung und mehr Pflegeplätze schaffen. Das sind die Hauptthemen, die wir in den nächsten ein bis zwei Jahren angehen ­werden.

Gibt es noch etwas, das Sie loswerden wollen?

Ich möchte auch das nicht ganz so angenehme Thema Finanzen ansprechen. Durch die Corona-Krise wird es so sein, dass alle Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – erhebliche Einnahmeverluste haben werden. Und natürlich nicht nur wir, sondern leider ganz besonders die Unternehmen. Gerade, was die Gewerbesteuer angeht, wird uns das wahrscheinlich relativ hart treffen und deswegen müssen wir auch noch mal in unseren Haushalt schauen, wo wir da vielleicht noch Spielräume haben. Viel wird es nicht sein, aber auch wir als Kommune werden einen Beitrag leisten müssen.

Das Interview führte Julia Theermann.