Aichwald. Die Menschen werden immer älter, bleiben immer länger fit und gesund. Lag das Durchschnittsalter der Senioren, die in ein Altenheim einzogen, vor ein paar Jahren noch bei 70 Jahren, so sind die Menschen heute im Durchschnitt 85 bis 87 Jahre alt, bis sie in ein Pflegeheim umziehen. Diese Zahlen nannte kürzlich Sebastian Köbbert – und der muss es wissen: Er ist Geschäftsführer des diakonischen Sozialunternehmens Die Zieglerschen, das auch das Seniorenzentrum in Aichwald-Schanbach betreibt.

Das Pflegeheim ist zwar erst 16 Jahre alt, doch reichen die Plätze dort schon seit geraumer Zeit nicht mehr aus. Das Seniorenzentrum verfügt über 36 Dauerpflegeplätze. Dazu kommen noch jeweils vier Kurzzeit- und Tagespflegeplätze . Laut Analysen des Landkreises werden aber bis zum Jahr 2030 allein in Aichwald bis zu 105 stationäre Pflegeplätze benötigt. Im gesamten Kreis Esslingen gibt es derzeit 4420 Dauerpflegeplätze. Den voraussichtlichen Bedarf bis zum Jahr 2035 beziffert die Kreisverwaltung mit 4846 Plätzen. Deshalb ist für Franziska Hezinger von der Altenhilfefachberatung schon jetzt klar: „Es gibt auf jeden Fall einen Mangel an Pflegeplätzen.“

Deshalb sähen es die Aichwalder Verwaltung und der Gemeinderat gerne, wenn Die Zieglerschen als Träger mehr Plätze schaffen würden. Anfang der Woche waren Köbbert, der Geschäftsführer des Bereichs Facility Management, Christoph Arnegger, und die für Aichwald zuständige Regionalleiterin Melanie Prigl zu Gast im Gemeinderat, um über ihre Vorstellungen und Möglichkeiten zu berichten.

„Wir haben uns schon frühzeitig zum Standort Aichwald bekannt und können uns vorstellen, das Angebot hier zu erweitern“, sagte Köbbert über die grundsätzliche Bereitschaft seines Hauses. Zudem machte er deutlich, dass mehr Plätze nur dann möglich seine, wenn die Gemeinde ein entsprechendes Grundstück zur Verfügung stelle. Trotz eines „Pflegereförmchens“ sei die Pflege unheimlich teuer geworden, und man müsse sicherstellen, dass alles noch bezahlbar bleibe, sagte er. Schon heute liegt der Eigenanteil der Bewohner von Pflegeheimen vielerorts bei mehr als 3000 Euro im Monat. „Ihnen ist nicht geholfen, ein teures Pflegeheim zu haben, das sich viele nicht leisten können“, betonte Köbbert. Eine weitere wichtige Voraussetzung sei, genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.

Besonders problematisch ist in Aichwald, dass in dem im November 2005 eröffneten Gebäude schon im Jahr 2016 an verschiedenen Stellen Risse an Wänden und Böden aufgetaucht sind und es noch nicht abschließend geklärt ist, wie schlimm die Situation wirklich ist. Nur eines konnte Köbbert den Räten versichern: „Die Standfestigkeit ist gegeben.“ Für die Bewohner und die Mitarbeiter bestehe keine Gefahr. Mehr wollten weder er noch Christoph Arnegger zu diesem Thema sagen. „Wir sind mit mehreren Gutachtern unterwegs“, sagte Arnegger und verwies auf das laufende Verfahren.

Vor diesem Hintergrund forderte Köbbert den Bürgermeister Andreas Jarolim und die Gemeinderäte dazu auf, „in alle Richtungen zu denken“. Man müsse auch über ein neues Gebäude an einem anderen Standort nachdenken. Zwei Einrichtungen an zwei verschiedenen Standorten innerhalb Aichwalds erteilte Köbbert schon allein aus wirtschaftlichen Gründen eine klare Absage. Deshalb müsse man sich auch überlegen, wie das derzeitige Gebäude künftig anderweitig genutzt werden könnte.

Ähnlich ablehnend stehen Köbbert und sein Team Gedankenspielen der Gemeinde Aichwald gegenüber, ein neues Pflegeheim in einem Gebäude unterzubringen, das noch anderweitig genutzt wird, beispielsweise über einem neuen Einkaufsladen. „Das ist für uns nicht vorstellbar“, sagte der Geschäftsführer der Zieglerschen und verwies auf mögliche Probleme, die ein Abhängigkeitsverhältnis von Miteigentümern mit sich bringen könnte. Jarolim kündigte an, mit dem Gemeinderat alsbald über ein geeignetes kommunales Grundstück und das weitere Vorgehen sprechen zu wollen.