Kreis Esslingen. Kommt Zeit, kommt Radweg. Während der Einweihung des neuen Rad- und Gehwegs vom Aichwalder Ortsteil Aichschieß in Richtung Plochingen klagten viele Redner über die lange Planungszeit. Doch nun konnte die bis zur Deponie Weißer Stein führende Strecke ihrer Bestimmung übergeben werden. Gleichzeitig war die Fahrbahn der parallel zum Radweg verlaufenden Landesstraße erneuert worden.

Nach den Reden und dem obligatorischen Durchschneiden des Bandes schwangen sich Prominente und Bürger in den Sattel und traten in die Pedale, um die neu gebaute Strecke mit einer Radtour einzuweihen. Gut 1,7 Kilometer lang ist der Rad- und Fußweg, der von Aichwald bis zur Deponie führt und dort an einen bereits bestehenden Radweg angeschlossen ist. Im Oktober des vergangenen Jahres sei mit den Arbeiten begonnen worden, berichtete der Projektleiter Martin Frank vom Esslinger Tiefbauamt. Zuvor hätten Radfahrer die Straße genutzt oder seien durch den Wald gefahren.

Doch nun gibt es endlich eine bessere und vor allem sichere Alternative. Witterungsbedingt habe es im Winter Verzögerungen beim Bau gegeben, so Frank. Aber auch ein Stromkabel sowie eine Telekomleitung im Erdreich hätten den Baufortschritt behindert. Sie seien in den Plänen nicht verzeichnet gewesen und hätten in mühevoller Handarbeit freigelegt werden müssen. Länger gedauert habe der Bau auch wegen einer ursprünglich nicht geplanten Weiterführung des Radwegs, erklärte der Planer. Ein etwa 200 Meter langes Stück vom Parkplatz bei der Waldschenke bis hin zum Ortseingang von Aichwald sei ebenfalls als Rad-und Gehweg angelegt worden.

Die Bauleitung für die Gesamtmaßnahme hatte die Stadt Esslingen übernommen. Etwa 2000 Arbeitsstunden hätten zehn Mitarbeitende aus verschiedenen Ämtern in die Arbeiten gesteckt, rechnete der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer in seinem Statement vor. Auch er beklagte die sich lange hinziehenden Vorarbeiten. Schon im Jahr 2002 habe es eine erste Planungsidee gegeben, 2023 könne nun Einweihung gefeiert werden: „Das ist nicht die Geschwindigkeit, die wir uns in Deutschland bei der Verkehrswende wünschen.“ Aichwalds Bürgermeister Andreas Jarolim hatte die Vorarbeiten mit einer Redensart beschrieben: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Der Radweg schaffe mehr Mobilität, er könne die Gesundheit der Bürger verbessern und fördere den Umweltschutzgedanken.

Esslingens Rathauschef Klopfer fuhr bei der Premierenfahrt trotz seiner allseits bekannten Fitness ein Elektrofahrrad. Mit dem sei er auch innerhalb der Stadt unterwegs – es sei wegen des Anzugs geeigneter, plauderte der Stadtchef aus dem Nähkästchen. Der Radweg sei zweieinhalb Meter breit – ein Stück Wald und Böschungen hätten dafür geopfert werden müssen, erläuterte Martin Frank dem Tross. Dafür habe es aber ökologische Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle gegeben. Dazu gehören nach Angaben des Regierungspräsidiums Stuttgart die Wiederherstellung von Flächen für die Schmetterlingsart Spanische Flagge, das Anlegen von Brutflächen für Vögel und die Ausweisung eines Waldrefugiums. Auch für die Zauneidechsen wurde etwas getan. Amphibienschutzzäune sind entstanden, und als zeitweiliges Habitat sollen Reisigstapel dienen. Längerfristig sollen die Tiere in Baumstämmen und Trockenbaumauern eine endgültige Heimat finden.

Ein Grund für den Neubau war laut Berthold Frieß, dem Ministerialdirektor im Stuttgarter Verkehrsministerium, dass die Anbindung von Aichwald nach Plochingen, Baltmannsweiler sowie ins Neckar- und Filstal erleichtert werden sollte. Sehr zur Freude des früheren Aichwalder Bürgermeisters Richard Hohler. Dessen Stoßseufzer kam von Herzen: „Dass ich das noch erleben darf.“ Von 1974 bis 2006 war er Rathauschef in Aichwald gewesen, berichtet er, und bereits in den 1980er Jahren sei über den Bau eines Radwegs gesprochen worden. Viele Familien seien auf der viel befahrenen Landesstraße mit Rädern unterwegs gewesen – diesen Missstand habe man auch aus Sicherheitsgründen beheben wollen. Doch personelle Engpässe und bürokratische Hürden hätten den Start immer wieder verzögert. Schließlich habe die Gemeinde Aichwald auf eigene Kosten eine Planung durchführen lassen. Doch da ein Großteil der Fläche des neuen Radwegs auf Esslinger Gemarkung liege, habe die damalige Initiative wenig Erfolg gehabt, berichtete der langjährige Kommunalpolitiker.